Bipolare Erkrankungen

Auf dieser und den folgenden Seiten finden Sie ausführliche Informationen über Ursachen, Symptome und Behandlung der Bipolaren Erkrankungen für Betroffene und Angehörige.

Ergänzende Fachinformationen für Ärzte, Therapeuten und andere besonders Interessierte finden Sie darüber hinaus auf unserer Internetseite im Kapitel Bipolare Störungen.

Was ist eine Bipolare Erkrankung?

Die Bipolare Erkrankung gehört zur Gruppe der so genannten Affektiven Störungen. Dies sind Erkrankungen, die mit einer Veränderung des “Affekts”, also der Stimmungs- und Gefühlslage einhergehen. Die genaue Bezeichnung lautet deswegen auch Bipolare affektive Störung.

Neben der Bipolaren Störung gehören auch die unipolare Depression, die Dysthymie und die Zyklothymie zu den Affektiven Störungen.

Die Affektiven Störungen werden danach unterschieden, ob die Veränderung der Stimmungslage bei den Erkrankten ausschließlich zur depressiven Seite (“zum depressiven Pol”) hin erfolgt (wie z.B. bei der so genannten unipolaren Depression und der Dysthymie), oder ob die Stimmungslage zwischen depressiven Phasen und Phasen mit stark überhöhter Stimmung hin und her wechselt, wie bei der bipolaren affektiven Störung und der Zyklothymie. Der Begriff bipolar (“mit zwei Polen”) beschreibt dabei diesen Wechsel der Stimmung zwischen dem depressiven Pol und dem manischen bzw. hypomanen Pol.

Bei der bipolaren affektiven Störung sind also die Stimmung und die Aktivität der Betroffenen deutlich verändert. Es kommt zu einem Wechsel von Phasen mit gehobener Stimmung, vermehrtem Antrieb und Aktivität (sogenannten hypomanen oder manischen Phasen) und Phasen mit depressiver Stimmung und Verminderung von Antrieb und Aktivität.

Was ist eine Manie?

In einer Manie ist die Stimmung der Betroffenen situationsinadäquat gehoben und kann zwischen sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. Die gehobene Stimmung ist mit einem vermehrtem Antrieb verbunden, dies führt zu Überaktivität, Rededrang und vermindertem Schlafbedürfnis.

Bipolare Erkrankung

Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit aufrecht zu halten und sind leicht ablenkbar. Die Selbsteinschätzung der Betroffenen ist mit Größenideen oder übertriebenem Optimismus häufig weit überhöht.

Der Verlust normaler sozialer Hemmungen kann zu einem leichtsinnigen, rücksichtslosen oder in Bezug auf die Umstände unpassenden und persönlichkeitsfremden Verhalten führen.

Es kann zusätzlich zum Auftreten von psychotischen Symptomen mit Wahn (zumeist Größenwahn) oder Halluzinationen (zumeist Stimmen, die unmittelbar zum Betroffenen sprechen) kommen. Die Erregung, die ausgeprägte körperliche Aktivität und die Ideenflucht können so extrem sein, dass die Betroffenen für ein normales Gespräch unzugänglich werden.

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Was ist eine Hypomanie?

Unter einer Hypomanie versteht man eine Erkrankung, die durch eine anhaltend leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und verstärkte Aktivität sowie in der Regel auch durch ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit charakterisiert ist.

Häufig besteht bei den Betroffenen zusätzlich eine gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit, gesteigerte Libido und ein vermindertes Schlafbedürfnis. Diese jedoch alle nicht in dem Ausmaß, dass sie zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen würden. An Stelle der euphorischen Geselligkeit können auch Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und (insbesondere bei Heranwachsenden) flegelhaftes Verhalten auftreten.

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Was ist eine Bipolare affektive Störung?

Die Bipolare affektive Störung ist eine Erkrankung, bei der die Stimmung und die Aktivität der Betroffenen deutlich verändert sind. Es kommt zu einem Wechsel von Phasen mit gehobener Stimmung, vermehrtem Antrieb und Aktivität (sogenannten “hypomanen” oder “manischen” Phasen) und Phasen mit depressiver Stimmung und Verminderung von Antrieb und Aktivität.

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Was sind Bipolar-I- und Bipolar-II-Störungen?

Entsprechend dem Ausprägungsgrad der manischen oder hypomanen Symptomen werden die Bipolaren Störungen in die Bipolar-I-Störung (mit depressiven und manischen Phasen) und die Bipolar-II-Störung (mit depressiven und hypomanen Phasen) unterteilt.

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Wie häufig sind Bipolare Erkrankungen?

Das Risiko, im Laufe seines Lebens an einer Bipolaren Störung zu erkranken, liegt bei ca. 1-3%. Die Bipolaren Erkrankungen entwickeln sich im Durchschnitt bereits zu einem früheren Lebensalter als die “normalen”, so genannten unipolaren Depressionen. Viele Betroffene haben bereits um das 15. Lebensjahr herum erste Krankheitssymptome, die voll ausgeprägte bipolare Störung entwickelt sich dann häufig zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr.

Die meisten bipolaren Erkrankungen beginnen nicht mit einer Depression sondern mit einer manischen oder hypomanen Phase. Aber auch ca. 20% der Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, entwickeln im Krankheitsverlauf hypomanische oder manische Symptome.

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Welche Symptome hat eine Bipolare Erkrankung?

Wechsel zwischen manischen bzw. hypomanen Phasen und depressiven Phasen

Die wesentliche Eigenschaft der bipolaren Erkrankungen ist der Wechsel zwischen manischen bzw. hypomanen Krankheitsphasen und depressiven Phasen. Die Dauer der manischen Phasen beträgt bei den meisten Betroffenen nur ca. 10-20% der totalen Erkrankungsdauer. Trotzdem stellen gerade die manischen Phasen durch die zum Teil sehr ausgeprägten Stimmungs- und Verhaltens­änderungen der Betroffenen häufig eine besondere Belastung für sie selbst und ihr familiäres und freundschaftliches Umfeld dar. In diesem Kapitel werden vorrangig die manischen bzw. hypomanen Symptome beschrieben, zu den Symptomen der depressiven Phasen siehe das Kapitel Depressionen.

Euphorische oder reizbare Stimmung

In den manischen Phasen erleben sich die Betroffenen zumeist in einer sehr gehobenen, euphorischen Stimmung, bisweilen kann jedoch auch eine reizbare Stimmung überwiegen. Die Stimmungslage kann dauerhaft gehoben sein, die meisten Betroffenen erleben aber vielmehr eine Stimmungslabilität.

Ideenflucht und Rededrang

Fast alle Betroffenen erleben in der manischen Phase eine ausgeprägte Ideenflucht. Es fällt ihnen sehr schwer, einen bestimmten Gedankengang länger zu verfolgen, stattdessen leiden sie unter immer neuen einschießenden Gedanken. Auch haben sie häufig eine großen Rededrang.

Störung der Impulskontrolle

In den manischen Phasen erleben viele Betroffene eine Störung der Impulskontrolle. Dies kann dazu führen, dass sie bestimmten Impulsen, wie z.B. dem Drang, bestimmte Dinge einkaufen bzw. besitzen zu müssen, nicht mehr widerstehen können. Dies kann bei den Betroffenen zu unüberlegten Handlungen, wie z.B. einem vermehrten Geldausgeben, führen.

Schlaflosigkeit

Der Nachtschlaf der Betroffenen ist zumeist erheblich beeinträchtig. Ca. 90% aller Betroffenen haben in den manischen Phasen eine verkürzte Schlafdauer unter der sie mehr oder weniger leiden.

Grenzen nicht einhalten können

Viele Betroffene erleben in der manischen Phase große Schwierigkeiten, eigene und fremde Grenzen zu spüren und einzuhalten. Sie verspüren in der manischen Phase eine Art sich aufdrängendes “Allmachtsgefühl”. Auch “Begrenzungen” und Ermahnungen von anderen können die Betroffenen in der manischen Phase oft nur schwer aushalten. Dies kann dazu führen, dass die Betroffenen versuchen, die von anderen gesetzten Grenzen auszutesten, was sehr schnell zu Konflikten mit dem sozialen Umfeld führen kann.

Depressive Stimmung und Suizidalität

Innerhalb der manischen Phase können plötzlich und unvorhersehbar über Minuten oder Stunden anhaltende depressive Phasen auftreten. Hieraus können sich schnell Suizidgedanken entwickeln. In Kombination mit dem erhöhten Antrieb und den Allmachtsgefühlen kann daraus ein erhebliches Suizidrisiko entstehen. Nach der manischen Phase kann es im Wechsel zum Auftreten von depressiven Symptomen kommen.

Wahnideen und Halluzinationen

Eine relativer hoher Anteil der Erkrankten (ca. 50%) kann in bestimmten Krankheitsphasen den Bezug zur realen Welt verlieren und psychotische Symptome wie z.B. Wahnideen entwickeln. Diese können zu einer großen Belastung für die Betroffenen und ihre Angehörigen werden. Ein Teil der Betroffenen erlebt auch akustische Halluzinationen.

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   • Welche Symptome hat eine Bipolare Erkrankung?

Wie werden Bipolare Erkrankungen behandelt?

Die effektivste Therapie der bipolaren Erkrankungen besteht häufig in einer Kombination aus einer psychotherapeutischen Behandlung und einer medikamentösen Stimmungsstabilisierung.

Psychotherapie

Die psychotherapeutische Behandlung ähnelt in weiten Teilen der Behandlung der Depressionen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Betroffenen in den manischen Phasen einer psychotherapeutische Behandlung nur bedingt zugänglich sind. Die Psychotherapie erfolgt in den manischen Phasen vorrangig unterstützend und strukturierend. Ziel ist vorrangig der Schutz der Betroffenen. Auch die Strukturierung der Tagesstruktur mit einer Abschirmung vor einem Übermaß an äußeren Einflüssen sowie die Einhaltung eines geregelten Tag-Nacht-Rhythmus können von den Betroffenen als unterstützend empfunden werden.

Medikamente

In der medikamentösen Behandlung der Bipolaren Erkrankungen, der so genannten Pharmakotherapie, werden vorrangig Medikamente eingesetzt, welche die Stimmungsschwankungen stabilisieren sollen. Ein Mittel der ersten Wahl zur medikamentösen Stimmungsstabilisierung ist nach wie vor Lithium. Zu Beginn und im Verlauf der Lithium-Behandlung müssen regelmäßige Kontrollen des Lithiumspiegels erfolgen. Die Wirkung des Lithiums setzt meistens erst ca. eine Woche nach der ersten Einnahme ein. Deswegen kann es erforderlich sein, insbesondere bei sehr erregtem Gemütszustand der Betroffenen, dass zumindest in den ersten Behandlungstagen ergänzend ein niedrig- oder mittelpotentes Neuroleptikum verordnet wird.

Falls z.B. aufgrund der Nebenwirkungen keine Therapie mit Lithium erfolgen kann, oder die Lithium-Therapie keine ausreichende Wirkung zeigt, besteht die Möglichkeit einer Therapie mit sogenannten Antikonvulsiva wie z.B. Carbamazepin oder Valproinsäure. Die Antikonvulsiva können alternativ zum Lithium gegeben werden oder im Falle unzureichender Lithiumwirkung auch als Kombinationstherapie. Insbesondere bei den bipolaren Störungen mit “rapid-cycling” besteht zudem die Vermutung, dass die Therapie mit Antikonvulsiva der Lithium-Therapie überlegen ist. Auf die Nebenwirkungen und die Plasmaspiegel der einzelnen Substanzen muss insbesondere in der Kombinationstherapie ein großes Augenmerk gelegt werden.

Bei ausgeprägten depressiven Symptomen kann zusätzlich die Kombination mit einem Antidepressivum sinnvoll sein. Hierbei muss jedoch auf die Gefahr eines “Switch-Effektes” mancher Antidepressiva geachtet werden. “Switch-Effekt” bedeutet, dass manche Antidepressiva einen Wechsel von einer depressiven in eine (hypo-)manische Phase auslösen können.

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